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Urlaub für das Pferd – Auf der Alm da gibts keine Sünde

Unser Pferd Jackomo macht Urlaub auf der Alm

Warum sollte Jackomo mal Urlaub in den Bergen machen?

Jackomo ist nun 9 Jahre. Er ist eine tolle Mischung aus Haflinger und Tinker. Kurz gesagt, ein hübscher Scheck. Er lebt in einem Offenstall mit einer kleinen Herde zusammen. Eigentlich ist mir der Gedanke schon vor ein paar Jahren gekommen, dass ein Sommer auf der Alm ein tolles Erlebnis für mein Pferd wäre. Aber leider hatte es sich bisher nicht ergeben.

Anfang des Jahres passierte allerdings etwas – Jackomo lahmte. Das erste mal seit er mein Pferd ist. Es war nicht sehr schlimm, aber doch besorgniserregend. Eine Blutuntersuchung und ein Röntgenbild bestättigten dann den Verdacht – Equine Metabolisches Syndrom (EMS). Darauf möchte ich allerdings an dieser Stelle nicht näher eingehen. Nur soviel, die Hufe zeigten eine Veränderung, der Hals war recht hart und er hatte schlichtweg einfach Übergewicht. Der Supergau durch EMS wäre Hufrehe, davon waren wir aber noch sehr weit entfernt. Trotzdem war es ein Weckruf für mich. Das wichtigste war nun eine strikte Diät. Er bekam nur noch mageres Heu, durfte nicht mit den anderen auf die angrenzende Weide, bekam kein Pferdemüsli, keine Leckerli, kein Brot, keine Äpfel noch nicht mal eine Karotte. Ihr könnt Euch sicherlich vorstellen, wie schwer einem das fällt. KEINE Belohnung in Form eines Leckerlis oder Karotte.

Pferd Jackomo Alm 01 Beitrag LebensPuls
Blick Richtung Alpe Kanis

Dann dachte ich, die einfachste Art, auch für Jackomo, zum Abnehmen wäre, wenn er auf die Alm ginge. Keine leckeren Versuchungen, kein fettes Gras nur Magerwiese, unendliche Weiten und Bewegung ohne Ende.

Gesagt getan, Anfang Juli kam Jackomo hier in Vorarlberg auf die Alpe Kanis. Diese ist im Bregenzer Wald in etwa zwischen Mellau und Damüls, zwei sehr beliebten Schigebieten im Winter. Die Alpe Kanis befindet sich auf 1.463 m und ich glaube der Gipfel der Kanisfluh ist bei ca. 2.000 m. Aber bis ganz rauf laufen die Pferde nicht, dort sind nur noch Gämsen und Steinböcke.

Vorteile der Alpung für das Pferd

In erster Linie würde ich sagen, Pferden gefällt die unendliche Weite der Berge. Bewegung ohne Ende. Den ganzen Tag fressen und zwar gesundes und schmackhaftes Gras. Die Almen bieten unzählige Heilkräuter, die sind nicht nur gesund, die schmecken auch sehr gut. Dann das Leben in der Herde und das schließt auch mitein, dass noch andere Pferdeherden dort leben oder auch Rinder.

Ich hörte auch von Pferden, die irgendwelche Hauterkrankungen oder sehr schlechtes Fell hatten und kein Tierarzt oder Heilpraktiker helfen konnte. Nach einem Sommer auf der Alm waren diese Tiere wieder gesund.

Pferd Jackomo Alm 2 Beitrag LebensPuls
Der 1. Besuch. Jackomo hat seine Herde gefunden. Alles Freiberger, hauptsächlich Jährlinge und 3 Erwachsene und Erfahrene.

Die ganzheitliche Stärkung fürs Pferd

Körperliche Ertüchtigung

Das Wandern in den Bergen, in freier Natur, auf weiten Wiesen, steilen und teilweise steinigen Abhängen, Durchquerungen von Bächen, Überwindung von Gräben, kräftigt die Musulatur, der Kreislauf wird angeregt, die Lungenfunktion verbessert sich und Fettbildung wird eingedämmt. Durch die Witterungsbedingungen (schneller Wechsel von Sonne zu Neben, zu Regen, zu Gewitter,…) wird das Immunsystem gestärkt.

Energie

Durch den freien Weidegang tankt das Pferd förmlich Energie. Hier in der Natur kann sich ein Pferd richtig erholen.

Pferd Jackomo Alm 9 Beitrag LebensPuls
Dieser schmale Grad endet ganz vorne bei diesem Baum mit einem Abgrund. Jackomos Herde vertraut ihm.

Soziale Kompetenz

Auch bei Pferden wichtig. Das Pferd ist ein Herdentier und die Rangordnung und sich darin zurechtzufinden ist sehr wichtig. Viele Pferde werden leider alleine in einer Box gehalten, kommen alleine auf einen Padok. Sie können ihre Artgenossen zwar sehen, aber so nicht ihr natürliches Wesen leben. Auf der Alm bleibt das aber keinem Pferd erspart, ob es das kann oder nicht, es muss sich einer Herde anschließen und das tun sie auch. Instinktiv findet jedes Pferd seinen Platz. Der Vorteil dabei ist dann auch, es kommt viel gelassener und ausgelichener zu Ihnen zurück.

Verhältnis Pferd und sein Mensch

Auch die Beziehung zueinander wird durch die Trennung, so unlogisch das zunächst klingen mag, gestärkt. Wenn Sie Ihr Pferd auf der Alm besuchen, dann wird es Ihnen vielleicht am Anfang so wie mir gehen. Kennt mich mein Pferd nocht? Will es überhaupt noch was von mir? Wird es kommen, wenn ich es rufe? Sie wandern also zu Ihrem Pferd. In meinem Fall sagte mir der Senner immer ungefähr wo sie sich gerade aufhalten. Wenn Sie Ihr Pferd von weitem dann sehen, werden Sie erst mal beobachten. Das ist wunderbar. Dann kommen Sie näher und plötzlich setzt sich Ihr Pferd, aber mit ihm auch alle anderen, in Bewegung und alle laufen auf Sie zu. Das ist ein Gefühl. Ich vertraue meinem Pferd, aber die anderen kenne ich doch nicht, etwas mulmig darf einem da schon werden. Endtäuschend war eigendlich nur eine Wanderung, es war nebelig und wir sind weit gelaufen, konnten Jackomo und seine Herde aber leider nicht finden und mussten umkehren ohne sie gesehen zu haben. Aber alles in allem kann ich nur sagen, dass uns allen der Sommer auf der Alm sehr gut gefallen hat.

Video eines Almbesuches

Vorteil für die Bergwelt

Eine gemischte Beweidung von Rindern und Pferden hat den Vorteil, dass Pferde auch nasse, sumpfige Weiden aufsuchen, die Kühe nur abweiden, wenn sie nichts anderes mehr finden. Auch fressen Pferde die von Rindern übriggelassenen sogenannten Geilstellen ab. Gerne lässt man auch auf Weiden zuerst Kühe grasen und danach Pferde. Nicht nur in den Bergen auch in den Tälern wird das so praktiziert. Rinder und Pferd, vorallem wenn sie zu lange oder wenn der Besatz zu dicht ist, auf einer Weide grasen, können aber auch durch ihr Gewicht die Grasnarbe schädigen.

Wie sollte die Alpe für Pferde beschaffen sein

Ein Stacheldrahtzaun ist lt. Tierschutzgesetz verboten. Pferde haben eine andere Wahrnehmung und können solch eine Abzäunung nicht oder kaum sehen. So ein Zaun stellt ein Verletzungsrisiko dar. Als Abgrenzung dienen Stromzäune, massive Holzzäune, dichte natürliche Pflanzenzäune (Buschzäune). Die abgegrenzten Flächen sollte großzügig gesteckt sein. Bäume und Büsche dienen an heißen Tagen als Sonnenschutz. Wasser muss in ausreichender Menge und guter Qualität vorhanden sein.

In unserem Fall war die Alm mit mehreren Bäche, mit reinstem Quellwasser, durchzogen.

Videos

Jackomo und seine Herde als Zaungänste

Wer auch mal mit solchen nicht ganz alltäglichen Zaungästen eine unvergessliche Zeit auf der Alm beim Senner der Alpe Kanis verbringen möchte, hier mehr dazu: Senner der Alpe Kanis (Aus dem Brgenzer Wald, hoch oben auf der Alm – wo wohl einer der besten Bergkäse von Hand und mit viel Liebe gemacht wird.)
Noch eine nette Geschichte dieses Senners. Er hat nicht nur Herz für seine Tiere und die Kurgäste (wie mein Pferd) sondern auch für Wildtiere. Dieses süße Waisenkind, ein Kitz einer Gämse, hat er aufgenommen. Es wurde der beste Freund seines Hundes. Hier der Beitrag.

Video eines Almbesuches

Aufnahme der anderen Pferdeherde die vorbei galoppierte

Ziegen Marsch

Hier noch ein paar Fotos vom Kuraufenthalt meines Pferdes

Pferd Jackomo Alm 3 Beitrag LebensPuls
Herde Kälber im Vordergrund. Jackomo mit der Lieblingsstute dieser Herde. Leider verstarb Sie altersschwach (mit über 30 J.) diesen Sommer.

 

 

 

 

 

 

 

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Mein Jackomo mit seiner Herde Freibergern, am 1. Tag übernahm er diese Herde und war zum 1. Mal Chef.

 

 

 

 

 

 

 

Pferd Jackomo Alm 6 Beitrag LebensPuls
Der 1. Schnee, weiter oben. War am nächsten Tag wieder verschwunden.

 

 

 

 

 

 

 

Pferd Jackomo Alm 7 Beitrag LebensPuls
Jackomo rundum ausgeglichen und zufrieden.

 

 

 

 

 

 

Pferd Jackomo Alm 5 Beitrag LebensPuls
Nebel auf der Alm, eine ganz spezielle Stimmung

 

 

 

 

 

 

 

Pferd Jackomo Alm 8 Beitrag LebensPuls
Zwei Zaungäste. Während wir vor dem Zaun gemütlich am Tisch saßen und unsere Brettljause beim Senner genossen, haben die Pferde uns dabei beobachtet. Das war echt lustig.

 

 

 

 

 

 

 

 

Abschließend kann ich nur sagen, es hat meinem Pferd Jackomo und auch uns richtig gut getan.

Er hat abgenommen und gleichzeitig Muskeln aufgebaut. So viel Bewegung, auch im Offenstall, hätte ich ihm hier im Tal nicht bieten können. Er ist viel ruhiger und ausgeglichener. Unsere Beziehung hat sich verbessert. Ich glaube er hatte viel Spaß mit seiner Herde und mit seiner neuen Aufgabe als Führer. Nur schade, es haben sich Freundschaften gebildet und ob sich alle nächstes Jahr wiedersehen?

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